Was Fußballer können, können Segelflieger schon lange: Andreas Kath will Selbolder Piloten auf Trab bringen
Nicht nur Fußballer können ein Lied davon singen: Wenn eine Mannschaft am Ende der Saison auf dem Treppchen stehen will, braucht sie dazu auch einen guten Trainer. Eine Regel, die zwar für die gesamte Sportwelt gilt, doch von den Segelfliegern bislang geflissentlich ignoriert wurde. Wer einmal seinen Schein in der Tasche hat, fliegt in der Regel mutterseelenallein mehrere hundert Kilometer quer über die Republik und versucht auf eigene Faust, das Beste aus sich und seinem Flugzeug herauszuholen.
Zumindest beim Langenselbolder Aero-Club soll sich das in der neuen Saison ändern. Andreas Kath, Fluglehrer und begeisterter Streckenflieger, darf sich demnächst ganz offiziell Streckenflugtrainer nennen.
„Der sportliche Teil der Fliegerei wird oft vernachlässigt“, bedauert der erfahrene Pilot, der im Sommer bei gutem Wetter Strecken weit jenseits der 500 Kilometer zurücklegt. Also kam ihm der Lehrgang zum Streckenflugtrainer gerade recht - denn anschließend, glaubt er, kann er seine Erfahrung und sein sportliches Know-how an andere Piloten weiter geben.
Ganz neu ist die Idee des Streckenflugtrainers freilich nicht: Bereits seit zwei Jahren gibt es in Hessen diese Lehrgänge, die die amtierenden Vizeweltmeisterin Dr. Angelika Machinek aus Bad Nauheim ins Leben gerufen hat und bis heute betreut. Rund 30 Segelflieger in Hessen dürfen sich bereits mit dem Titel Streckenflugtrainer schmücken - und Jahr für Jahr werden es ein paar mehr. Andreas Kath vergleicht das Amt mit dem eines Fußball-Bundesliga-Trainers - mit dem Unterschied, dass die Segelflieger ihre Dienste ehrenamtlich zur Verfügung stellen. Der schönste Lohn sei für ihn der Erfolg seiner „Schützlinge“ und das Erlebnis des gemeinsamen Fliegens.
Dass die Langenselbolder bereits ohne Trainer bundesweit an der Spitze sind, haben sie in der vergangenen Saison eindrucksvoll bewiesen: Beim bundesweiten Online-Contest (OLC), einem Streckenflugwettbewerb im Internet, hängte der Verein die Konkurrenz souverän ab und belegte den ersten Platz - das Jahr zuvor reichte es immerhin zu Rang zwei nach einem denkbar knappen Duell mit Straußberg bei Berlin. Genau dieses Potenzial will Andreas Kath weiter ausbauen, um die „ohnehin schon guten Streckenflieger noch besser zu fördern“. Dennoch will sich der 42-Jährige nicht allein auf Langenselbold konzentrieren und auch anderen Vereinen seine Dienste anbieten.
Im Lehrgang selbst - er dauert drei Wochenenden und umfasst Theorie sowie Praxis gleichermaßen - müssen die Teilnehmer ihr Können unter Beweis stellen. Erst gibt es eine theoretische Einführung. Später sind die Teilnehmer selbst gefragt: „Jeder muss einen Vortrag halten über einen Aspekt der Fliegerei, den er persönlich für wichtig hält“, beschreibt Kath den Ablauf.
Doch grau ist alle Theorie: Schließlich sollte ein Streckenflugtrainer in erster Linie sein Flugzeug möglichst perfekt beherrschen. Am letzten Wochenende des Kurses wird die Praxis geübt. Dabei mimt ein Teilnehmer den Anfänger, während sein Trainer versucht, ihn vom hinteren Sitz oder über Funk aus einem anderen Flugzeug heraus durch entsprechende Hilfe in der Luft zu halten. Ein großes Problem, berichtet Kath, sei hier oft die mangelnde Konzentration und der psychologische Aspekt. Denn wer nicht 100-prozentig bei der Sache ist, wird ganz schnell den nächsten Aufwind verpassen und seinen Streckenflug auf dem nächsten Acker beenden.
Wenn das Wetter mitspielt, will Kath diesen Teil noch im April hinter sich bringen, um das Gelernte so schnell wie möglich in die Praxis umzusetzen. Einer der nächsten Lehrgänge wird übrigens in Langenselbold über die Bühne gehen, freut sich Andreas Kath schon jetzt.